ad usum proprium 
die literarische Seite von Birgit Gerlach

INHALT / FUNDUS


PODIUM 

FÜR GAST-AUTOREN


Dies ist ein Podium für Autoren als auch für diejenigen, die es werden wollen. Beiträge meiner Leser, die selbst Geschichten oder Gedichte schreiben, sind höchst willkommen.

Vielleicht sind genau diese Zeilen, die Sie soeben lesen, der letzte notwendige Anstoß dafür, dass Ihr Text den Weg hinaus in die Welt findet. 

Wagen Sie es!

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Hier kommen die GAST-BEITRÄGE:


13.03.2023

Ingrid Hermann


Das schwarze große Loch


Endlich Sonntag. Ich hole mein Fahrrad aus dem Keller und verstaue alle meine notwendigen Sachen im Fahrradkorb. Hoffentlich habe ich nichts vergessen. Meine Tochter winkt mir noch einmal von oben aus dem Fenster und wünscht mir viel Spaß. Während ich mich bedanke, fliegt ihr neues Basecap mir fast auf den Kopf und ich fange es auf. O' denke ich, da ist aber die Mathearbeit wohl doch nicht so gut gelaufen? Bevor ich etwas sagen kann, ist sie aber weg vom Fenster.
Am Ortsausgang steht meine Freundin Klara. Vor Freude springt sie jetzt hoch! Endlich hat es mal geklappt, dass wir beide etwas unternehmen können.
Auf dem Radweg ist jetzt noch wenig Betrieb und wir können nebeneinander fahren. Es war Klaras Chef, der uns für das Ziel begeistert hatte. Sie erzählt mir auch, dass sie gestern noch eine ganz genaue Wegbeschreibung von ihm bekommen hat. Es kann also nichts passieren! Jetzt fangen wir gleichzeitig an, laut zu lachen! Wir sind nämlich beide Weltmeister im Verlaufen und Verfahren. Der Weg zum Tagebau ist noch viel ausgefahrener als ein Feldweg. Tiefe Furchen mit dunkelbrauner bis schwarzer Erde. Wir schieben die Räder und werden immer ruhiger. An manchen Stellen müssen wir sie sogar tragen. Plötzlich haben wir eine ganze Schar Krähen aufgescheucht, die sich mit viel Krach in die Luft erhebt. Die Erde ist hier hart und rissig. Auf der Wegbeschreibung steht nur “Mondlandschaft“. Unser Ziel ist erreicht.
Wir stehen beide vor einem riesigen, tiefen - und schwarzbraunen Loch. In der Mitte der Grube ist eine große dunkle Pfütze. Wir sind überwältigt und sprachlos. Dieses Ausmaß haben wir uns nicht vorgestellt.

Plötzlich bellt hinter uns ein kleiner Hund. Erschrocken drehen wir uns um. Ein älterer Herr begrüßt uns mit einem freundlichen „Glück Auf“ und fragt, ob wir eine Führung bestellt hätten. Jetzt lachen wir alle drei. Danach meint er aber ernsthaft, dass wir unbedingt in zehn Jahren wiederkommen müssten: Dann können Sie hier unter schattigen Bäumen und Sträuchern um den großen See fahren und mit ihren Familien Picknick machen. Vielleicht treffen Sie auch auf Angler und Surfer. Nichts wird Sie mehr an dieses Bild erinnern.
Das Hündchen bellt und bringt uns in die Gegenwart zurück. Jetzt verabschieden wir uns auch mit dem Bergmannsgruß und einem herzlichen Dankeschön.
Nun heißt es wieder auf die Räder, und wir fahren zum nahegelegenen Dorf. Das große Kopfsteinpflaster schüttelt uns erneut hin und her, und der Hunger wird immer größer.
Plötzlich fängt Klara an zu lachen. Was hätten wohl unsere Kinder gesagt, wenn wir sie zum Mitfahren aufgefordert hätten? Diese Frage müssen wir uns gar nicht erst stellen.
Die kleine Dorfkneipe ist schnell gefunden, und im Biergarten gibt es sogar noch einen freien Tisch.
Die Wirtin macht auf mich einen etwas mütterlichen Eindruck. Beim Aufgeben der Bestellung möchte sie wissen, ob denn unsere Männer noch nachkämen. Wir schütteln sicher etwas zu heftig mit dem Kopf. Während sie alles notiert, meint sie leise, dass da die Männer jetzt sicher bei anderen Frauen sind? Jetzt nicken wir gleichzeitig mit dem Kopf. Beim Weggehen berührt sie ganz vorsichtig unsere Schultern. Sie hat uns verstanden!
Nach kurzer Zeit bringt sie uns das große alkoholfreie Bier. Jetzt ist sie etwas verlegen, weil sie uns bitten muss, den Tisch zu wechseln. Sie hat leider eine Tischbestellung vergessen. Erfreut darüber sind wir nicht, aber wir zeigen Verständnis. Sie trägt unser Bier zu einem Tisch, wo zwei Jugendliche mit bunten Mützen und auffälliger Kleidung sitzen. Wir sehen sie aber nur von hinten und sind weiterhin wenig erfreut. Als wir aber vor dem Tisch stehen, ist es für uns beide eine riesengroße Überraschung. Am Tisch sitzen unsere Kinder.


08.04.2022

Andreas Dietrich


Der Drache


Fröhlich war der kleine Drache, fröhlich, wie es nun mal die Drachen in seinem Alter sind. Und ein bisschen übermütig. Er liebte es, über die Wiese vor seiner Höhle zu springen, an den roten und blauen Blumen zu schnuppern und den Schmetterlingen nachzujagen. Manchmal, wenn es gar zu heiß war im Sommer, lag er auch stundenlang unter einer alten Eiche und träumte, ach, die schönsten Dinge träumte er!
Eines Tages aber geschah etwas Merkwürdiges: Menschen, von denen er nur selten welche zu Gesicht bekommen hatte bisher und dann auch nur von fern, Menschen kamen ganz dicht heran an die Wiese vor seiner Höhle. Sie weinten und jammerten und waren alle in Schwarz gekleidet.
Allen voran aber war ein graubärtiger Greis, der hatte einen roten Mantel um und eine goldene Krone auf dem Kopf, und an seiner Hand führte er ein junges Mädchen, das war ganz in Weiß. Jetzt beugte er sich zu dem Mädchen und küsste es auf die Wange, dann strich er ihm über das lange, blonde Haar, wandte sich schnell ab und ging zurück, und mit ihm gingen alle - den Weg zurück, den sie gekommen waren.
Das Mädchen war ins Gras gesunken, und dort lag es, ängstlich zusammengekrümmt, ohne sich zu rühren. Der kleine Drache wusste nicht, was das zu bedeuten hatte, verwirrt und neugierig zugleich spähte er den sich entfernenden Menschen nach und nach dem Mädchen, und als er meinte, wieder allein zu sein in seinem Tal, trat er vorsichtig auf die Wiese und näherte sich verhaltenen Schrittes dem schlafenden Mädchen. Aber als er schon beinahe neben ihm stand, sah er, dass es gar nicht schlief, sondern, das Gesicht ins Gras gepresst, bitterlich weinte. Verlegen stand er eine Weile, und er überlegte, wie er ihm helfen könnte…
Da kam ein Ritter, tötete den Drachen, und ehe das Mädchen wusste, wie ihm geschah, war es befreit, und der Ritter führte die Errettete auf seine Burg, da sollte sie ihm seine Frau sein bis an ihr Ende. So war es der Brauch.



12.03.2021

Andreas Dietrich


Schach I


Du wirst springen

Wenn dein König es

Von dir verlangt.

Das ist das Schicksal

Des Springers.



23.01.2021

Andreas Dietrich


Das Meer


Gleich hinter dem Strand

Beginnt das Meer das

Immerwartende.